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Das Wirtschaftsmodell von Belarus

Der Unternehmens- und Regierungsberater Daniel Krutzinna berichtete von seinen Erfahrungen aus 12 Jahren Tätigkeit in Belarus. Als aktives dialog-Mitglied von 2002 bis 2006 wurde der Alumni von unserem Beirat Andrey Gurkov, Journalist bei der Deutschen Welle, zum Wirtschaftsmodell von Belarus interviewt.


Belarus hielt – im Gegensatz zu Russland – nach dem Zerfall der Sowjetunion stark an sozialistischen Prinzipien fest. Als Standort für Hochtechnologien in der Sowjetunion modernisierte Belarus in den 90er Jahren seine staatlichen Unternehmen. 1994 wurde Lukaschenko für den Wahlspruch „Wir erhalten die guten Strukturen der Sowjetunion.“ mit großer Mehrheit gewählt. In den 2000ern erlebte das Land ein erstaunliches Wirtschaftswachstum von jährlich 6-8 Prozent. Das Erfolgsrezept bestand in niedrigen Öl- und Gaspreisen beim Import aus Russland – mit relativer politischer Unabhängigkeit – und dem Export der verarbeiteten Rohstoffe nach Europa. Zudem kamen aus Europa einige Investitionen und es wurde technologisches Equipment aus dem Westen importiert und fertige Maschinen und ähnliche Erzeugnisse nach Russland exportiert. Neben den stabilen Staatsbetrieben gründeten sich zudem innovative, erfolgreiche Privatbetriebe.


Ende der 2000er bezog Russland die Stellung, dass Belarus, wenn es ein eigenständiger Staat sein möchte, auch Weltmarktpreise für die Rohstoffe zahlen solle. Das führte neben schwierigen regelmäßigen Verhandlungen zwischen Russland und Belarus zu einer Neuorientierung der Außenpolitik hin zu einer Multivektorpolitik. In den 2010er Jahren flachte das Wirtschaftswachstum trotz einiger Reformbemühungen auf 1,5 – 2 Prozent ab. Die Wirtschaft bemühte sich bis heute um Diversifizierung und wird – teilweise durch große chinesische Investitionen im Rahmen des Seidenstraßenprojekts – modernisiert.


Der Partner Deutschland spielt in der belarussischen Wirtschaft keine große Rolle. Eher kleinere Länder wie Österreich oder die Schweiz sind dort engagiert.

In einer intensiven Fragerunde beantwortete Daniel Krutzinna viele Fragen der Teilnehmer. So wurde Belarus als Wissenschafts- und IT-Standort beleuchtet. Fragen zu Entwicklungsprogrammen für Start-Ups, der heutigen Privatisierung von Staatsunternehmen, Währungsrisiken, dem Investitionsschutz und der Rechtstaatlichkeit für ausländische Unternehmen wurden diskutiert. Natürlich wurden auch die Folgen der Corona-Krise angesprochen. Da Lukaschenko keinerlei Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung getroffen hat, hat die Wirtschaft eine vergleichsweise niedrige Rezension erlebt, die aber für 2021 erwartet wird. Dafür ist die Sterblichkeit aber deutlich höher als in anderen Ländern.


Die Frage, ob analog zur Ukraine eine schlechte wirtschaftliche Lage für die Proteste verantwortlich sei verneinte Daniel Krutzinna. Er sieht die Forderung nach freien Wahlen und die übermäßige Gewalt als Gründe für die Proteste. Die wirtschaftliche Lage von Belarus sei gut gewesen und das Pro-Kopf-Einkommen deutlich höher als beispielsweise in der Ukraine. Obwohl einige Modernisierungschancen in den letzten Jahren verpasst worden seien, hätte der Staatskapitalismus oft erfolgreich versucht, effizienter zu werden.


Wer mehr über die Perspektiven erfahren möchte, die Daniel Krutzinna für die Entwicklung der Wirtschaft von Belarus sieht, kann das ganze Gespräch auf Youtube anschauen.

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